Brief an die Stadt KW 09.09.2016

Die Bürgerinitiative Vinxel hat gemeinsam mit dem Bürgerverein einen Brief an die Stadt Königswinter geschrieben, in welchem die Forderungen und Anregungen für die Entwicklung des Geländes Hobshof/Kapellenweg erläutert werden!

+++Der Brieftext+++

Anregungen, Planungshinweise und Forderungen der Bürgerinitiative Vinxel und Bürgerverein Vinxel (Stand 9. September 2016)

zum Bürgerantrag Nr. 1630 vom 17. Februar 2016:
Anpassung des Bebauungsplanes 50/1 im Bereich Vinxel, Holtorfer Straße 2 / Kapellenweg

Vorbemerkung

Der Königswinterer Ortsteil Vinxel ist das größte Dorf im Kirchspiel Stieldorf, Heimat für die Alt-Bürger und inzwischen auch das „Zuhause“ für viele Zugezogene. Im Gegensatz zu anderen Ortsteilen, die noch alte Bausubstanz oder markante Gebäude aufzuweisen haben, fehlen solche ortstypischen Prägungen in Vinxel jedoch weitgehend. Als umso bedeutsamer werden von vielen die wenigen Gebäude und Ensembles angesehen, die nach dem fast vollständigen Rückzug von landwirtschaftlichen Betrieben noch von früher geblieben sind. Denn man empfindet Vinxel immer noch eher als Dorf, weniger als Teil einer Stadt wie zum Beispiel Oberpleis. 

Als identitätsstiftende Überbleibsel aus alter Zeit sind heute nur die Marienkapelle und die verbliebenen Gebäude des alten Hobshofes anzusehen. Vor allem Bauform und Dimensionierung der Hofgebäude, aber auch die Nutzung als Gastwirtschaft stellen in Verbindung mit der Kapelle für die Vinxeler Bürger die emotionale Verbindung zu „ihrem“ Dorf her. Der Erhalt des Ensembles wird daher als unverzichtbar angesehen. 

So ist es nur zu verständlich, dass sich Vinxeler Bürger zur Bürgerinitiative Vinxel zusammenfanden, als im Februar 2016 mit dem Bürgerantrag Nr. 1630 die Pläne des bisherigen Eigentümers bekannt wurden. Die dort vorgesehenen Gebäude und ihre Platzierung würden einen massiven Eingriff in den immer noch dörflichen Charakter von Vinxel bedeuten (siehe Abb. 1). Ein Vinxeler Bürger formulierte das so: „Hier wird mit dem Denken von gestern das Morgen gestaltet“. Der Entwurf wurde dann ja auch in der Sitzung des Planungs- und Umweltausschuss der Stadt Königswinter am 6. April 2016 mit den Stimmen aller maßgeblichen Fraktionen zurückgewiesen.

Die Bürgerinitiative Vinxel hat bei mehreren Treffen die Anregungen und Forderungen von Vinxeler Bürgern gesammelt und nachfolgend zusammengefasst. Dabei wird immer davon ausgegangen, dass die wenigen architektonischen Elemente aus früheren Zeiten erhalten und gut erkennbar bleiben müssen und dass sich Umfang und Maß der zukünftigen Bebauung daran zu orientieren haben. Der dörfliche Charakter von Vinxel muss die Grundlage für alle planerischen Überlegungen sein.

Die Mitwirkung an der Planung wird von vielen auch als Chance gesehen, den Ortsmittelpunkt, wenn auch fast am Ortsrand liegend, aufzuwerten, ihn besser in das Dorfleben einzubeziehen, als dies auf dem Vünftzailplatz möglich ist, und dabei wichtige Akzente für eine „Stätte der Begegnung“ zu setzen.

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Abb. 1: Vogelperspektive auf den Planungsvorschlag entsprechend Bürgerantrag Nr. 1630, der von der Bürgerinitiative Vinxel vollständig abgelehnt wird (Fotomontage) (Quelle der zugrundeliegenden Luftaufnahme: Bingmaps)

Da das zur Rede stehende Plangebiet sehr unterschiedliche Charakteristika hinsichtlich gegenwärtiger Nutzung und Topologie, aber auch hinsichtlich der Bebauungsabsichten des Eigentümers aufweist, ist es angebracht, Teilflächen zu definieren. 

Es bieten sich folgende Interventionsbereiche an (siehe auch Abb. 2):

1. Hobshof mit Kapelle und Gemeinbedarfsfläche („Stätte der Begegnung“)

2. Wiesengelände hinter dem Hobshof

3. Eingangssituation in das Dorf (Oberer Teil des Kapellenweges und Holtorfer Straße)

4. Unterer Teil des Kapellenweges

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Abb. 2: Maßnahmenplan 

1. Hobshof mit Kapelle und Gemeinbedarfsfläche („Stätte der Begegnung“)

Der Hobshof, ein ehemaliger Bauernhof mit mehreren Gebäuden, ist in seiner Substanz einer der ältesten Baukomplexe Vinxels und wird seit Längerem für Gastronomie genutzt. Er ist eines der wenigen Zeugnisse, an dem noch die dörfliche Baustruktur abzulesen ist, und damit ein wichtiger Bestandteil der Identität des Dorfes Vinxel und hat vor allem symbolischen Wert.

Die Kapelle, die auch das Ortswappen ziert, ist das Wahrzeichen und der „spirituelle“ Mittelpunkt von Vinxel. Als bedeutendes baukulturelles Erbe wird die denkmalgeschützte Kapelle vom Kapellenverein liebevoll gepflegt und erhalten. Das Umfeld muss der Würde des Ortes genügen und dabei genügend Raum für unterschiedlichste Aktivitäten und Nutzungen bietet.

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(c) Rudolf Pieper / www.vinxel.de
Abb. 3: Hobshof und Marienkapelle Vinxel im Urkataster von 1825

Bereits im derzeit noch gültigen Bebauungsplan aus den 70er Jahren war eine Gemeinbedarfsfläche vorgesehen. In der Zwischenzeit hat sie durch verschiedene Umplanungen (Neubau des Aussiedlerheimes, Nichtverlegung der Holtorfer Straße) eine Veränderung, insbesondere eine deutliche Verkleinerung erfahren. Aber auch heute noch, oder vielleicht auch gerade heute, wird die Gemeinbedarfsfläche für die Umgestaltung des Areals um den Hobshof zum Ortsmittelpunkt als sinnvoll und notwendig angesehen. Daher ist es erforderlich, dass diese Fläche wieder den ursprünglichen Anteil an der Gesamtfläche erhält. Der seit damals stark gewachsene Ort braucht eine mindestens ebenso große Gemeinbedarfsfläche wie bereits damals vorgesehen.

Erste Ideen für die Gestaltung der Fläche liegen vor und sollen hier ohne weitere Bewertung vorgestellt werden (Abb. 4 und 5). Auch eine Kombination solcher Vorschläge könnte erwogen werden. Alle Überlegungen basieren auf einem Erhalt des Hobshofes-Gebäudes.

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Abb. 4: Planungsvorschlag 1

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Abb. 5: Planungsvorschlag 2

Für die Art der Nutzung durch die Öffentlichkeit gibt ebenfalls verschiedene Vorschläge. 

– öffentlicher Platz mit Zweckbestimmung „Dorfplatz“

– Ausstattung mit Bänken, Beleuchtung und Bepflanzung zum Aufenthalt für alle Generationen

– Anlage eines Spielplatzes

– Gastronomie mit Außenbetrieb und einem Saal für private Feiern und Vereinsveranstaltungen,
zur Umsetzbarkeit dieses Vorschlages siehe Vergleiche mit

– Heisterbacherrott: Gasthaus Lichtenberg

– Niederpleis: Honny’s Ballhaus

– Birlinghoven: Gemeindehaus

– Oberdollendorf: Bungertshof

– Möglichkeit für Wochenmarkt mit Bauern und Gewerbe aus der Region

– Räumlichkeiten für Ärzte, Rechtsanwälte etc. Diese könnten evtl. auch in den unter 2. angedachten Gebäuden Platz finden.

– Ganz eindeutig abgelehnt wird die Ansiedlung eines Discounters, da die Nahversorgung in Stieldorf wie in den vergangenen Jahrzehnten als absolut ausreichend anzusehen ist. Der Flächenbedarf für eine solche Ansiedelung ist, nicht zuletzt wegen der erforderlichen Parkplätze, recht hoch. Denn man darf davon ausgehen, dass sogar die Vinxeler Kunden weitgehend mit dem Auto zum Einkauf kämen. Die Restflächen wären für andere Nutzungsarten kaum noch zu verwenden. Der immer wieder geforderte dörfliche Charakter an dieser sensiblen Stelle wäre unwiederbringlich verloren. 

2. Wiesengelände hinter dem Hobshof

Das an den Hobshof direkt östlich angrenzende Wiesengelände könnte aufgrund seiner zentralen Lage vornehmlich soziale Aspekte berücksichtigen und z. B. die optimalen Potentiale im Hinblick auf Alterung der Dorfbewohnerschaft oder auf familienfreundliches Wohnen nutzen. Zu den Standortvorteilen sind zu rechnen:

– Gute ÖPNV-Anbindung durch Bushaltestelle

– Bäcker und Gastronomie in fußläufiger Entfernung

– Spielplatz auf der nebenanliegenden Gemeinbedarfsfläche

In der Planung für den Bebauungsplan sollen deshalb folgende Punkte Berücksichtigung finden:

– Bebauung als Mehrgenerationshaus oder mehrgenerationenfähige Wohnanlage

– Wohngemeinschaften für Behinderte mit der Möglichkeit zur Inklusion im bestehenden Kindergarten Vinxel und der Grundschule Stieldorf

– Umfangreiche Begrünung durch Bäume und Randbepflanzungen 

– Am östlichen Rand gibt es zur vorhandenen Bebauung einen Geländesprung von fast einer Geschosshöhe. Dies ist bei der Festlegung der zulässigen Bauhöhe zu berücksichtigen. 

– Ein gutes Beispiel für die bauliche Integration dörflicher Baustrukturen ist der Schmitzhof auf der anderen Seite der Vinxeler Straße, der kürzlich umgebaut wurde.

3. Eingangssituation in das Dorf (Oberer Teil des Kapellenweges und Holtorfer Straße)

Der dörfliche Charakter von Vinxel wird insbesondere bei der Annäherung von Ungarten her deutlich. Heute erkennt man als erstes den unverkennbaren Hobshof, kurz darauf auch die danebenliegende Kapelle. Dieser Eindruck muss unbedingt erhalten bleiben. Als Vinxeler weiß man „jetzt bin ich zu Hause“. Folgende Aspekte sind somit zwingend zu beachten:

– Die Bebauung ist so zu gestalten, dass der Blick aufs Dorf, als erstes auf Hobshof und Kapelle, erhalten bleibt.

– Umgekehrt solle auch der attraktive Blick von der Gaststätte Alter Hobshof in die Landschaft nicht verbaut werden. 

– So könnten z.B. auf dem Eckgrundstück Holtorfer Straße / Kapellenweg gegenüber der Gaststätte Parkplätze für Besucher des Kapellenweges, der Holtdorfer Straße und des Hobshofareals angelegt werden. Durch geeignete Bepflanzung könnte diese Fläche angemessen gestaltet werden.

– Begrünung im Übergang von der Bebauung zur offenen Landschaft, so dass der unmittelbare Blick auf die Gebäude abgemildert wird (siehe auch unter Punkt 4)

– Als Vorlage kann dafür die Situation am Kasseler Weg dienen, die damit über die Holtorfer Straße weitergeführt würde. 

– Das vordere Haus auf der rechten Seite der Holtorfer Straße soll zweigeschossig mit Satteldach geplant werden, das hintere Haus niedriger, um so einen harmonischeren Übergang zur Bauhöhe am Kasseler Weg zu erreichen. 

– Maximale Bautiefe für diese beiden Häuser 12 Meter.

Vollständig abgelehnt wird eine Eingangssituation wie in Abb. 1 und Abb. 5 dargestellt. Die Fotomontagen zeigen, wie der Ortseingang von Vinxel aussehen könnte, wenn die Pläne des Eigentümers entsprechend seinem Bürgerantrag realisiert würden. Großformatige Hausfassaden würden das Ensembles aus Hobshof und Kapelle überdecken. Aus der Vogelperspektive wird die dem Dorf nicht angemessene Planung noch deutlicher.

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Abb. 6: Eingangssituation entsprechend der Planung in Bürgerantrag Nr. 1630, wie sie von der Bürgerinitiative vollständig abgelehnt wird (Fotomontage)

4. Unterer Teil des Kapellenweges

Für den Bereich Unterer Kapellenweg sollen folgende Punkte berücksichtigt werden:

– Grundstücksgröße von mind. 500 qm, wie sie auch im Kapellenweg zur Vinxeler Straße und in der Hermann-Löns-Straße anzutreffen sind

– Keine GbR zulassen, die es Eigentümer ermöglichen würde, Parzellen zusammenzulegen und damit evtl. Beschränkungen des Bebauungsplanes zu umgehen

– aufgelockerte Bauweise mit freistehenden Einfamilienhäusern, keine Doppelhäuser
oder Reihenhauskomplexe wie in der „Lange Hecke“ 

– kein durchgehendes Baufenster, sondern Einzelfenster für jedes Grundstück

– am besten Festlegung getrennt für Wohnhaus und Garage. Garagen sind immer nur auf einer Seite des Gebäudes zulässig. Die andere Seite soll Gartenfläche bleiben. Damit werden Durch-blicke in die Landschaft ermöglicht. Eine Anregung in diesem Sinne zeigt Abb. 6.

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Abb. 7: Bebauungsvorschlag Kapellenweg 

– Es muss auch dem Hinweis von Anwohnern des Kapellenweges nachgegangen werden, die dauerhaft Pumpen installiert haben, um ihre Keller trocken zu halten. Eine durchgehende Gründung über eine längere Strecke auf der Neubauseite würde möglicherweise wie ein unterirdischer Damm wirken. Dies muss unterbleiben, da sonst der Grundwasserspiegel steigen und der Altbestand auf der Südseite des Kapellenweges beeinträchtigt werden könnte. 

– 1 Vollgeschoss mit flachgeneigtem Satteldach (kleiner 45 Grad) mit untergeordneten (kleinen) Gauben 

– Herstellung einer mind. 15 Meter breiten Begrünung mit Baumbestand und Hecken als Pufferzone zwischen Bebauung und nördlich Richtung Heiderhof angrenzender Agrarlandschaft, die auch als Ausgleichsfläche zu werten wäre.

Weitere Planungshinweise und Forderungen

– Der Kapellenweg soll auch weiterhin eine Sackgasse bleiben, um Durchgangsverkehr zu unterbinden. 

– Auf den neuen Grundstücken sollen dort ausreichend Stellplätze untergebracht werden können (mind. 2 Stellplätze) sowie ausreichend Besucherparkplätze im Straßenbereich.

– Im Bereich Dorfeingang / Einmündung Kapellenweg sollte auf der Holtdorfer Straße zur Verkehrsberuhigung eine Querungsinsel mit Zebrastreifen vorgesehen werden, um die Geschwindigkeit der einfahrenden Fahrzeuge zu reduzieren. 

– Eine Verlegung der Bushaltestelle in Richtung Bonn könnte damit verbunden werden.

– Der Investor sollte verpflichtet werden, in den beiden größeren Gebäude auf der rechten Seite der Ortseinfahrt auch kleinere Wohnungen für einkommensschwache Personen zu schaffen.

– Zur korrekteren Bewertung der vorgesehenen Baumaßnahmen, insbesondere der Wahrung der dorfadäquaten Dimensionen und der Beurteilung der topografisch bewegten Situation ist ein Massenmodel im Maßstab 1:500 erforderlich.

– Die Gestaltung des Dorfplatzes (siehe Punkt 1) zwischen denkmalgeschützter Kapelle und dem Gebäudekomplex des Alten Hobshofes soll unabhängig von der zukünftigen Nutzung bereits im städtebaulichen Vertrag sichergestellt werden, so dass der Investor die Kosten dafür wie bei der Erschließung durch Straßen bereits einplanen kann.

– Die Kosten für eine eventuell notwendige Sanierung des Kapellenweges, z.B. wegen Straßenschäden, die durch Baufahrzeuge verursacht werden, oder eine möglicherweise im Zuge der Neubebauung erforderliche Neuerschließung des Kapellenweges darf nicht den jetzigen Anwohnern aufgebürdet werden. Die Übernahme dieser Kosten durch den Investor soll bereits im städtebaulichen Vertrag festgesetzt werden. 

– Andernfalls würden die jetzigen Anwohner durch dieses Projekt nur Nachteile erfahren: zusätzlicher Verkehr und insbesondere Verlust des als besonders hochbewerteten freien Ausblicks in die Landschaft. Auch wenn dies kein Grundrecht ist, so wird die freie Sicht dennoch allgemein als Kennzeichen besonderer Lebensqualität angesehen. Vor allem aber erscheint es weder fair noch gerecht, die Erträge des Projektes der Investorenseite zu überlassen, an den Kosten aber die Allgemeinheit und insbesondere die bisherigen Anwohnern zu beteiligen, von denen viele das Projekt eigentlich ablehnen und nur aufgrund des gegebenen Planungsrechtes akzeptieren. Manche von ihnen würden voraussichtlich sogar in finanzielle Notlagen geraten. 

– In wie weit die Infrastruktur (Verkehrskonzept, Kindergarten, Schule …) sich den erhöhten Anforderungen einer zusätzlichen Bebauung anpassen kann und muss, wird in diesem Papier zunächst noch nicht betrachtet, muss aber im weiteren Planungsverlauf eindeutig geklärt werden. 

– Um die Planung bzw. seine Umsetzung zu einem Erfolg für das Dorf Vinxel werden zu lassen, damit sie also von den Bürgern mehrheitlich befürwortet und mitgetragen werden kann, ist eine umfangreiche Informationsveranstaltung erforderlich, wie sie vom Dezernat III der Stadt Königswinter schon zugesagt ist. 

– Insgesamt hat sich die Planung hinsichtlich Geschossigkeit, Dachform, Grundstücksgrößen und ähnlicher Kenngrößen an dörflich-ländlichen Charakteristika zu orientieren.